WBCI gestern und heute – Kommt da noch was?

Expertenkommentar: Elmar Körner

Bereits Ende 2013 haben wir an gleicher Stelle berichtet über„Anbieterwechsel 2.0 – Jetzt müssen alle ran“. Doch auch wenn die Telekom bereits einen Großteil der Wechselprozesse per WBCI abwickelt, ist diese Verteilung in der Breite der Provider noch nicht realisiert. Aber warum eigentlich nicht? Und wird es dazu überhaupt noch kommen? Diesen Fragen und somit der weiteren Zukunft des elektronischen Austauschs zum Anbieterwechsel wollen wir nun 18 Monate später nachgehen.

Ausgangslage für die Entwicklung von WBCI (WITA Based Carrier Interface) war die im Mai 2012 in Kraft getretene TKG Novelle. Das durch die TK-Branche selbst konzipierte WBCI-Verfahren sollte dabei die schnelle und vor allem medienbruchfreie Abwicklung des Anbieterwechsels sicherstellen.

Um die Verbreitung von WBCI zu beschleunigen, setzten bereits Ende 2013 erste Carrier wie die Telekom klare Fristen. So wollte die Telekom ab dem 01.07.2014 Anbieterwechsel ausschließlich per WBCI prozessieren. Erste Lösungsanbieter waren zu dieser Zeit auch schon damit beschäftigt, Schnittstellen- und sogar Plattformlösungen aufzusetzen und mit ersten Endkundenvertragspartnern (EKP) in Betrieb zu nehmen. Feldtests zwischen großen Providern wie 1&1 und QSC waren zum damaligen Zeitpunkt bereits erfolgreich absolviert.

Mittelständische EKP im Obligo

Es war also damit zu rechnen, dass bereits im Laufe des Jahres 2014 der Einzug von WBCI in der gesamten Branche bevorstünde. Doch das ist bis heute nicht der Fall. Vor allem mittelständische EKP betrachten das Thema heute überhaupt nicht mehr, sind verunsichert wie es mit WBCI weiter geht, oder hatten es selbst noch gar nicht auf der Agenda.

Dass es zur Einführung von WBCI in der Masse der betroffenen EKP bis heute nicht gekommen ist, hat vielfache Gründe. Ein sehr wichtiger ist, dass alle am Anbieterwechsel-Prozess beteiligten Provider seitens der Bundesnetzagentur aufgefordert wurden, auch weiterhin das etablierte Fax-Verfahren zu unterstützen. Auf diese Weise wurden die seitens der Telekom und auch anderer Provider gesetzten Fristen obsolet, wodurch ein großer Implementationsdruck für EKP vollständig entfiel.

Darüber hinaus waren die Kosten vor allem für die WBCI-Zertifizierung durch T-Systems gerade für kleinere Provider unverhältnismäßig hoch, umgerechnet auf eine einzelne Portierung.

Organisatorische Hürden als Hemmschuh

Die Notwendigkeit, bilateral mit jedem einzelnen EKP eine WBCI-Vereinbarung abzuschließen, hat zusätzlich die organisatorischen Hürden nochmals angehoben. Der damit verbundene Aufwand wirkte für mittelständische Anbieter abschreckend. Doch nicht nur die vertragliche Vereinbarung erfolgt bilateral zwischen je zwei EKP. Auch die technische Anbindung folgt diesem Paradigma.

Offensichtlich wurde bei Konzeption des dezentralen WBCI-Prozesses die Anzahl der zu beteiligenden EKP von den Verantwortlichen falsch eingeschätzt. Die konkrete Anzahl ist auch heute nicht offiziell benannt, allerdings handelt es sich mindestens um eine hohe dreistellige Zahl. Hätte man die organisatorischen Konsequenzen einer branchenweiten Einführung vor dem Hintergrund dieser großen Zahl betrachtet, wäre vielleicht kein dezentraler Ansatz gewählt worden.

Seit Einführung von WBCI hat sich an den grundlegenden Rahmenbedingungen nichts geändert. Dennoch sind die Aussichten für einen breiten Einsatz so gut wie nie zuvor. Die Gründe hierfür sind ebenso vielschichtig wie die zuvor betrachteten Probleme.

Kosten für kleine EKP reduziert

Entspannung gibt es zunächst an der Kostenfront: Die Vergütung der zwingend vorausgesetzten WBCI-Zertifizierung ist mittlerweile für kleine EKP, die nur ein minimales Aufkommen an Anbieterwechseln prozessieren müssen, deutlich auf die Hälfte des regulären Preises reduziert worden.

Mit Einführung des EKP-Portals wurde zusätzlich eine zentrale Stelle geschaffen, über die EKP Kontaktdaten veröffentlichen und austauschen können. Hierdurch kommt mehr Licht in die potenziell undurchsichtige EKP-Landschaft und die Kontaktaufnahme zur Vorbereitung einer WBCI-Kopplung wurde signifikant vereinfacht. Darüber hinaus wurde über das EKP-Portal eine Möglichkeit geschaffen, um die bilateralen WBCI-Vereinbarungen durch einen allgemeinen Rahmenvertrag abzukürzen. Vor allem aber sind die WBCI-Lösungen der spezialisierten Anbieter ausgereift und im produktiven Einsatz. Setzt ein Provider auf eine etablierte SaaS-Lösung, wird generell der eigene Aufwand für die individuelle Anbindung einzelner neu hinzukommender EKP auf ein Minimum reduziert.

Fazit:

Die Ablösung des veralteten Fax-Verfahrens und somit eine Optimierung des Abwicklungsprozesses kann nur mit WBCI gelingen. Eine Alternative hierzu gibt es nicht. Verhinderten zunächst eine Vielzahl an Problemen die Einführung von WBCI in der breiten Masse der EKP, wurden die meisten dieser Hürden in den letzten zwölf Monaten deutlich gesenkt. Auch wenn die Verbreitung in der gesamten Branche noch etwas Zeit in Anspruch nehmen wird, überwiegen bereits heute die Vorteile der WBCI-Nutzung im Vergleich zu den Herausforderungen deutlich.

Expertenkommentar:

Dipl.-Ing. Elmar Körner

Geschäftsführer

XConnect GmbH

Eigentlich sollte WBCI schon seit einem Jahr von allen Marktteilnehmern genutzt werden. Jedoch vergeht die Zeit schneller als die notwendigen Aufgaben umgesetzt werden können. Zunächst wurde die mögliche Anzahl der EKP definitiv unterschätzt. Dann war die Implementierung für die großen Carrier erheblich aufwändiger als ursprünglich gedacht, insbesondere die Integration in die bestehenden Systeme. Für die kleineren EKP gab es eine Menge Hürden und wenig Motivation ins WBCI-Verfahren einzusteigen, da dies nicht zwingend vorgeschrieben ist. Mittlerweile sieht das Bild anders aus.

Die Telekom ist inzwischen mit über 30 EKP vernetzt und deckt damit bereits 65 Prozent der Wechselfälle über WBCI ab. Die Erfahrungen sind – nach einer durchaus schwierigen Startphase – aber sehr positiv, da die Wechselprozesse erheblich schneller abgewickelt werden können. Von daher wird jetzt zunehmend von allen EKP erwartet, an diesem Verfahren teilzunehmen. Für die kleinen EKP gibt es mittlerweile eine Menge an Offerten. So wird WBCI beispielsweise von der XConnect als gehostete Lösung mit preiswerten pay-as-you-use Modellen angeboten, die Kosten für die Zertifizierung wurden für kleine EKP halbiert und es wurde ein Betreibermodell erarbeitet, damit Carrier für ihre EKP den Service weiterhin übernehmen können. Zudem steht über das EKP-Portal eine zentrale Vertragsverwaltung zur Verfügung. Allerdings wird diese noch nicht ausreichend zum eigenen Vorteil genutzt. Schließt nämlich ein EKP seinen WBCI-Vertrag über das EKP-Portal ab, kommen automatisch auch die untereinander erforderlichen Verträge mit allen angeschlossenen Carriern zu Stande. Alles in allem wird nun jedoch das WBCI-Thema auch von den kleinen EKP forcierter angegangen – der Druck erhöht sich und die Vorteile werden offensichtlicher!