Transparenz dank Cost Assurance – Durchblick statt Nachsicht

Alexander Kaczmarek

Bei steigender Dienstanzahl und immer mehr Komplexität in Freischalt-, Abwicklungs- und Abrechnungsprozessen kann schnell der Überblick verloren gehen. Ohne parallelen Aufbau einer Lieferanten- und Kostenkontrolle droht aus geplanten Margen ein nicht vorhersehbares Verlustgeschäft zu werden.

Praktisch kein Telco-Provider kommt ohne Vordienstleister aus. Seien es Reselling-Provider ohne eigenes Netz, FTTC-Breitbandanbieter mit Zukauf einer TAL oder Mobile-Service-Provider auf Basis eines bestehenden Netzbetreibers. Allen gemeinsam ist die Abhängigkeit von einem oder sogar mehreren Lieferanten, die alle ihre eigenen elektronischen Schnittstellen und Prozesse für Bestellungen und die zugehörige Abrechnung bereitstellen.

Über die Nutzung von Schnittstellen wie Telekom WITA, QSC WHAM oder Telefónica SPAIN werden Dienste für Endkunden bestellt und seitens des Vorlieferanten realisiert. Sowohl der bestellende Provider als auch der abwickelnde Lieferant führen aufgrund der über die Schnitt-

stellen ausgetauschten Informationen jeweils einen eigenen Bestand an Diensteverträgen, die vor allem seitens des Lieferanten die Grundlage für die Rechnungsstellung gegenüber dem bestellenden Provider darstellen.

Differenzen in den Bestandsführungen möglich

Da sich nicht immer alle in der Praxis vorkommenden Geschäftsfälle über automatisierte Bestellvorgänge abwickeln lassen, ergibt sich oftmals die Notwendigkeit für Interventionen außerhalb des Regelprozesses. Daraus können sich Differenzen in den Bestandsführungen ergeben. Konkret heißt das: Nicht alles was bestellt wird, wird auch geliefert ‒ nicht alles was geliefert wurde, wird auch abgerechnet. Und diese Situation tritt nicht nur zwischen Provider und Vorlieferant auf, sondern zusätzlich zwischen Endkunde und Provider, wenn nicht alles, was geliefert und berechnet wird, auch wirklich (noch) für die Realisierung der Endkundendienste benötigt wird.

Um gerade in einem Massengeschäft mit eher geringen Margen hier nicht den Überblick zu verlieren, ist die Einführung von so genannten Cost-Assurance-Maßnahmen zu empfehlen. Dabei gilt es, zwar auf die Daten der operativen Systeme zuzugreifen, aber die Überwachung selbst sollte durch eine unabhängige Kontrollinstanz erfolgen. Das heißt: Ein vom eigentlichen Order-Management unabhängiges System greift die zwischen Provider und Carrier ausgetauschten Daten ab, um auf deren Grundlage autonom nach speziellen „Cost Assurance“-Regeln zu arbeiten.

Maßnahmen gliedern sich in mehrere Stufen

Dabei ist „Cost Assurance“ nicht einfach ein einzuführendes System, sondern vielmehr eine Kombination aus Mitarbeitern, Verantwortlichkeiten, Prozessen und natürlich auch IT-Unterstützung. Genau wie das zu kontrollierende System sich nicht selbst kontrollieren sollte, empfiehlt sich dies auch bezogen auf die betroffenen Mitarbeiter. Je nach Größe des Providers lohnt sich die Schaffung einer eigenen Zuständigkeit, Stelle oder sogar Abteilung.

Die von hier aus zu treffenden Maßnahmen gliedern sich dabei in mehrere Stufen, die ggf. auch aufeinander aufbauend etabliert werden können. Basis von Cost Assurance im Reselling-Provider-Umfeld sollte zunächst ein Ende-zu-Ende-Bestandsabgleich der Diensteverträge sein, also nicht nur gegen den liefernden Carrier, sondern auch die eigenen kundenführenden Systeme.

Prüfung der Lieferantenrechnung im Visier

Unterschiede in diesen Beständen führen zwangsläufig zu Fehlern in der Abrechnung von Vordienstleistern an Reselling-Provider, oder auch Problemen bei der Erbringung und Abrechnung von Diensten gegenüber Endkunden. Auf diesem Weg können also wichtige Differenzen erkannt werden, um im Anschluss die Ursachen zu identifizieren. Unter Cost Assurance fällt somit nicht nur die Kontrolle der Lieferantenrechnung, sondern viel früher schon die Erkennung von Schwach- und Fehlerstellen in den betroffenen Abwicklungsprozessen inkl. deren Beseitigung.

Aufbauend auf den Beständen kann das sogenannte Shadow-Billing frühzeitig die Abrechnung des Vorlieferanten simulieren, um so die erwarteten Rechnungen bzw. Rechnungsbestandteile vorherzusagen. Ein Verwendungszweck der Ergebnisse des Shadow-Billings ist die Unterstützung der bilanziellen Abgrenzung: Erwartete Forderungen der eigenen Lieferanten können detailliert prognostiziert und somit bereits vor der tatsächlichen Abrechnung durch den Vorleistungslieferanten in der Finanzbuchhaltung oder beispielsweise der Wirtschaftlichkeitsberechnung für Produkte und Dienste berücksichtigt werden.

Das letztendliche Ziel ist aber die systematische Prüfung der Lieferantenrechnung. Hierbei handelt es sich um einen Vergleich der vorliegenden Ist-Rechnung gegen die vom Shadow-Billing produzierte Soll-Rechnung. Das Ergebnis dieses Abgleichs kann sodann gegenüber dem Lieferanten verwendet werden, um berechtigte Einwände zu erheben und Ansprüche geltend zu machen.

Funktionen der Cost Assurance

• Bestandsabgleich (Provider vs. Order-Daten vs. Carrier)

• Abgrenzungsunterstützung (für künftig zu erwartende Rechnungsanteile)

• Prüfung Lieferantenrechnungen (Soll-/Ist-Abgleich)

• Einwandbehandlung für Lieferantenrechnungen

Fazit:

Über die Kontrolle sowohl des eigenen Bestands als auch die Prüfung der Lieferantenleistung und –rechnung sollte sich jeder Telco-Provider ernsthafte Gedanken machen, der über elektronische Schnittstellen automatisiert Bestellungen abwickelt. Wenn zusätzlich die Anzahl an Lieferanten und Schnittstellen steigt, ist es geradezu ein Muss. Ansonsten schmälern unberechtigte Forderungen und nicht fakturierte Leistungen mindestens die Deckungsbeiträge oder gefährden sogar den gesamten Unternehmenserfolg.