Schrittweise zur automatisierten Auftragsabwicklung – wiederkehrende Routineaufgaben ablösen und Anwender entlasten

Fachartikel von Jörg Wiesner

Automatisierung fällt nicht vom Himmel. Es gibt auch keinen praxiserprobten Gesamtprozess, den jeder beliebige Netzbetreiber bzw. Provider einfach übernehmen kann. Auch wenn viele Aspekte oder Teillösungen wiederkehren, so ist doch jedes Unternehmen individuell und muss mit seinen eigenen Prozessen ebenso individuell betrachtet werden. Hier gilt es allerdings, bei der Umsetzung der branchentypischen Prozesse nicht mit einem leeren Blatt zu starten, sondern auf ein Business-Support-System zu setzen, welches eine grundlegende Business- und Prozesslogik für eben diese Branchenanforderungen mitbringt.

Dieser Wunschzustand ist uns allen nur zu bekannt: Nach Auftragseingang soll möglichst die gesamte Auftragsabwicklung wie von Geisterhand erledigt werden. Ausgehend von einem Glasfaser-basierten Double- oder Triple-Play-Szenario wird die notwendige Leitung bestellt, ggf. notwendige Baumaßnahmen eingeleitet, der Anbieterwechsel prozessiert, benötigte Dienste bei Vordienstleistern eingestellt und alle technischen Systeme provisioniert. Dabei ist der Kunde jederzeit über den aktuellen Bearbeitungszustand informiert und im besten Fall werden sogar fehlende Informationen automatisch erkannt und beim Kunden eingefordert.

Nun ist dieses Szenario durch ein modernes Business-Support-System (BSS) durchaus realisierbar, wenn es die notwendigen Werkzeuge und Funktionalitäten mitbringt. Gleichwohl gibt es sehr verschiedene Ansätze, wie der Weg zu diesem Zustand beschritten wird. Von diesem Startpunkt aus beginnt dann die eigentliche Arbeit hin zu automatisierten Geschäftsabläufen. Nach der grundlegenden Einführung des Business-Support-Systems sollte dieses mit manueller Bedienung bereits vollständig in der Lage sein, alle relevanten Geschäftsfälle vollständig abzubilden. Hierzu ist vor allem die Einbindung in die gesamte System- und Dienstleisterlandschaft notwendig. Von Entgegennahme der Daten aus der Online-Bestellstrecke über die Anbindung eines Systems zur Realisierung des Netzausbaus, Bestellung einer BSA-Leistung, Einbindung von WBCI, VoIP-/SIP-Provisioning, Eintragung im ACS, Übermittlung der Telefonbucheinträge bis zur Übergabe der Rechnungs- und Buchungsdaten an die Finanzbuchhaltung müssen alle diese und je nach Szenario weitere Schnittstellen identifiziert und realisiert sein. An diesem Punkt existiert damit ein einsatzbereites Gesamtsystem mit steuerndem Business-Support-System im Zentrum.

»Die automatisierte Auftragsabwicklung ist durch ein modernes Business-Support-System (BSS) durchaus realisierbar, wenn es die notwendigen Werkzeuge und Funktionalitäten mitbringt.«

Die Anwender des Systems sind somit in der Lage, alle notwendigen Geschäftsfälle abzubilden und sich dafür auch unter Einsatz des BSS zu organisieren. Allerdings erfolgt eben diese Bearbeitung und Organisation an vielen Stellen manuell, auch wenn z. B. der Prozess der Freischaltung bzw. des Provisionings zum Anschalttermin ggf. schon automatisiert erfolgt und hierzu bereits nicht einzelne »Klicks« gemäß Wiedervorlage notwendig sind, um Rufnummern, SIP-Accounts, den RADIUS-Server und den ACS zu provisionieren.

Ausgehend von manueller Bearbeitung und Organisation kann als erstes Etappenziel die Übernahme der Prozessführung durch das System ausgerufen werden. Einzelne Arbeitsschritte und stellenweise auch Entscheidungen werden weiterhin durch die Anwender übernommen bzw. getroffen. Allerdings bildet das BSS den grundlegenden Prozessrahmen ab und erstellt für jeden Abschnitt der Abwicklung entsprechende abzuarbeitende Aufgabenlisten. Den Bearbeitern wird dabei in fortgeschrittenen Ausbaustufen innerhalb der einzelnen Aufgaben bereits im Detail aufgezeigt, was die nächste durchzuführende Prüfung oder der nächste Arbeitsschritt ist unter Angabe aller relevanten Parameter. Ausgehend von diesen Handlungsanweisungen erfolgt die eigentliche Ausführung weiterhin durch Anwender.

Nach Erreichen dieses Etappenziels führt damit das BSS von Entgegennahme des Auftrags bis zur Festlegung des Anschalttermins. Da die eigentliche Bearbeitung noch manuell erfolgt, kann die Vollständigkeit der getroffenen Annahmen und der zugehörigen Umsetzung allerdings im Praxisbetrieb kontrolliert werden.

Nach Feststellung der Vollständigkeit und Belastbarkeit der geführten Prozesse kann dann das nächste Ziel in Angriff genommen werden: Die einzelnen Arbeitsschritte nach und nach automatisieren. Die zugehörige Implementation kann sich dabei vollständig auf die technische Automatisierung konzentrieren, denn die einzelnen Schritte sind durch die Umsetzung der Anwenderführung ja bereits im Detail fixiert. Vor allem ist es nun möglich, die Automatisierung Stück für Stück voranzutreiben, ohne eingespielte Abläufe zu gefährden. Die Anwender wissen weiterhin, was das System tut, allerdings wird durch die Automatisierung eine Entlastung aufgrund entfallender Routineaufgaben erreicht. Das schrittweise Vorgehen bietet dabei einen weiteren nicht zu vernachlässigenden Vorteil: Zu jeder Zeit kann der erreichte Zustand überprüft und damit bewertet werden, ob weitere Optimierungen in der Automatisierung überhaupt notwendig sind. Denn der sinnvolle Automatisierungsgrad hängt von vielen Faktoren ab, vorrangig natürlich von der Masse der abzuwickelnden Aufträge. Für jede weitere Ausbaustufe der Automatisierung kann so gut abgeschätzt werden, ob sich der jeweils nächste Schritt noch lohnt oder ob der individuelle Wunschzustand bereits erreicht wurde.

FAZIT
Bringt ein modernes Business-Support-System die notwendigen Werkzeuge und Funktionalitäten mit, lässt sich nach Auftragseingang die gesamte Auftragsabwicklung fast wie von Geisterhand erledigen. Dabei muss das eingeführte Business-Support-System schon in einer frühen Phase produktiv einsetzbar sein und dennoch bis zur vollständigen Automatisierung alle Zwischenschritte unterstützen. Nur so kann der für das jeweilige Unternehmen unter Kosten-/Nutzen-Aspekten optimale Automatisierungsgrad erreicht werden bei gleichzeitiger Reduktion der Umsetzungskomplexität und damit Schonung der durch den Arbeitsalltag sowieso schon belasteten Anwender.