Nicht nur für die Großen – Das Potenzial des indirekten Vertriebs

Alexander Kaczmarek

Vor allem die etablierten bundesweit agierenden Anbieter und Marken machen es vor: Kundengewinnung über Fachhandel und Vertriebspartner sind wichtige Faktoren für den Absatzerfolg. Mit entsprechender Vorbereitung und dem richtigen Rüstzeug ist dieses Feld aber nicht nur den Großen vorbehalten, sondern bietet auch Chancen für die mittelständische Konkurrenz.

Viele eher regional aufgestellte Telco-Provider setzen in der Vermarktung vorrangig auf den direkten Vertrieb. Dabei können externe Vertriebspartner die Marktpräsenz deutlich erhöhen ohne fixe Personalkosten zu produzieren. Doch um nicht in eine Komplexitäts- und somit Kostenfalle zu laufen, gilt es einige Punkte zu beachten.

Die Aufgabenstellung wird auch dadurch nicht einfacher, dass zur Gewinnung der gewünschten Vertriebspartner interessante und lukrative Provisionen angeboten werden müssen. Neben einfachen Abschluss- und etwas komplexeren Airtime-Provisionen können hier recht schnell Wünsche zu Quartals- und Jahres-Boni aufkommen oder sogar die Abbildung eines Strukturvertriebs gefordert werden.

Ist bei einer überschaubaren Anzahl von Vertriebspartnern und einem eher geringen Absatzvolumen noch eine händische Abrechnung möglich, sollte bei steigenden Zahlen ein Abrechnungssystem eingesetzt werden, um die Komplexität und damit verbundene Abwicklungskosten im Griff zu behalten und Fehler zu vermeiden.

Grundsätzlich müssen durch eine softwaregestützte Abrechnung der provisionsberechtigten Vertriebspartner vergleichbare Aufgaben abgedeckt werden wie im Endkunden-Billing:

– Verwaltung der (Vertriebspartner-)Stammdaten

– Definition der Abrechnungskonditionen (Provisionen)

– Durchführung der Abrechnung und Belegerstellung

– Übergabe an die Finanzbuchhaltung

Im Detail sind die zugehörigen Anforderungen aber oft grundverschieden zum Kundenszenario, weshalb ergänzend zum Billing-System ein entsprechendes System zur Provisionsabrechnung benötigt wird. Grundlage der Abrechnung können sowohl Vertragsabschlüsse als auch Endkundenrechnungen sein. Auf jeden Fall ist die Provisionsabrechnung angewiesen auf Informationen aus dem kundenführenden System bzw. Billing.

Basis ist die Verknüpfung des betreuenden Vertriebspartners mit dem jeweiligen gewonnenen Kunden bzw. Vertrag. Werden die Vertriebspartner führend im Provisionssystem verwaltet, benötigt das Customer Care System eine Zugriffsmöglichkeit auf diesen Datenpool. Provisionsrelevante Meldungen müssen zwecks Abrechnung aus Customer Care und Billing regelmäßig an die Provisionsabrechnung übermittelt werden. Hierzu können Vertragsabschlüsse oder auch Rechnungsumsätze zählen.

Unabhängig von diesen ganz allgemeinen Rahmenbedingungen einer Softwarelösung für die Vertriebspartnerabrechnung stellen sich im Rahmen der Einführung des indirekten Vertriebs dem Provider verschiedenste Fragen nach Art, Umfang und sonstigen Details der erfolgsabhängigen Partnerbelohnung. Auch auf dieser Ebene gibt es wie bei den allseits bekannten Endkundentarifen etablierte Mechanismen und Gestaltungsmöglichkeiten.

Der Weg zum indirekten Vertrieb – Es gibt viel zu entscheiden

Es müssen viele Entscheidungen getroffen werden bei Einführung eines indirekten Vertriebs. Wir zeigen exemplarisch einige typische Punkte auf.

Partnerstruktur

Handelt jeder Vertriebspartner einzeln oder müssen mehrstufige Pyramidenstrukturen oder sogar Teams abgebildet werden können?

Provisionsarten

Wofür soll der Partner Provision erhalten? Beschränkt auf Vertragsabschlüsse oder auch auf monatliche Umsätze (sogenannte „Airtime“)? Vielleicht zusätzlich auch auf Upgrades wie z. B. einen Wechsel in höherwertige Tarife?

Bonus-System

Soll es zusätzlich zu direkten Provisionen gesonderte Zielvereinbarungen und Boni geben, falls vorher definierte Ziele erreicht wurden?

Auszahlungszeitpunkt

Wann erhält der Vertriebspartner seine Provision? Direkt mit Vertragsabschluss, mit Stellung der Endkundenrechnung oder erst mit Eingang der Kundenzahlung?

Stornohaftung

Was passiert, wenn bereits Provision ausgezahlt wurde und später die zugrunde liegende Endkundenrechnung rückbelastet wird? Für welchen Zeitraum soll eine solche Provision ggf. zurückgefordert werden? Ab wann ist eine Provisionszahlung für den Partner „sicher“? Wie wird mit potenziell betrügerischen Vertriebspartnern verfahren?

Eine Beschäftigung mit diesen typischen Mitteln, Abläufen und Provisionsmodellen ist gerade in der Vorbereitungsphase sehr zu empfehlen. Dabei sollten auch die Möglichkeiten bestehender Provisionslösungen genau betrachtet werden, da in spezialisierten Softwaresystemen oft die Erfahrung aus einer Vielzahl an Projekten stecken und verbreitete Vorgehensweisen bereits unterstützt werden.

Die Vermeidung allzu individueller und vermeintlich innovativer Provisionsszenarien hilft dabei, die sowieso schon hohe Komplexität des Themas beherrschbar zu halten. Durch Einsatz bestehender Softwarelösungen und vor allem bekannter Vertriebsstrukturen sowie Provisionsmodelle bleiben Einführungszeiten und –kosten kalkulierbar.

Fazit:

Der Vertriebskanal über Partner ist auch für mittelständische Anbieter eine sehr interessante Möglichkeit, die Kundengewinnung als Ergänzung zum direkten Vertrieb auf eine breitere Basis zu stellen. Gerade aber die Definition und Abrechnung von Provisionen kann sehr komplex werden, wenn stark individuelle Abweichungen von etablierten Strukturen und Konditionsmodellen umgesetzt werden sollen. Wird hingegen auf bekannte Marktmechanismen und darauf ausgerichtete Softwarelösungen gesetzt, gelingt eine Einführung in kurzer Zeit und mit überschaubarer Komplexität.