Chance der digitalen Transformation nutzen – Geschäftsmodell und Prozesse gehören auf den Prüfstand

Autor: Alexander Kaczmarek

Flexibler, schneller, effizienter – das wollen Unternehmen durch konsequente Digitalisierung erreichen. Doch dafür analoge Prozesse lediglich in digitale Form zu pressen, setzt den Rahmen für echte Wertschöpfung zu eng. Vielmehr muss die Chance genutzt werden, um die etablierten Arbeitsweisen vor dem Hintergrund technischer Möglichkeiten zu hinterfragen und an sinnvollen Stellen auch neu zu gestalten. Denn digitale Transformation im Unternehmen umfasst alle Aspekte des Geschäfts – nur so werden die wirklichen Potenziale genutzt und Wettbewerbs vorteile geschaffen.

Digitale Transformation! Diesen Begriff hören ITK-Anbieter nicht zum ersten Mal. Sie selbst sind Wegbereiter der digitalen Revolution, da sie die hierfür zwingend benötigte Infrastruktur aufbauen und die zugehörigen Leistungen anbieten. Der glasfaserbasierte Internetzugang steht hier natürlich mit in erster Reihe, um digitale Kommunikation im Allgemeinen und digitale Dienste für Anbieter und Konsumenten im Speziellen überhaupt erst in der benötigten Qualität zu ermöglichen.

Doch die digitale Transformation darf mit Übernahme dieser Rolle für ITK-Anbieter und vor allem auch Netzbetreiber nicht erledigt sein. Es gilt vielmehr, die Digitalisierung selbst zu nutzen, um die Abwicklung der eigenen Arbeitsabläufe und Prozesse zu optimieren und sogar das eigene Geschäftsmodell wo möglich zu digitalisieren.

Auf den ersten Blick bedeutet »Digitalisierung« in Unternehmen oft die Ablösung von Papier. Formulare und Dokumente werden digitalisiert, um sie langfristig nicht mehr in einem Ordner aufzubewahren. Auch sperrige Auftragsmappen verschwinden, wenn der zugehörige Prozess mitsamt seinen Daten digitalisiert wird. Das ist nichts Neues, diese Art der Digitalisierung betreiben wir seit Jahren. Auch wenn der Mehrwert solch digitaler Umschichtung unbestritten ist, bleibt doch im Grunde genommen alles wie zuvor.
Überspitzt formuliert: Im Endeffekt werden »Digitale Krücken« eingesetzt, um analoge Prozesse am Leben zu erhalten.

Die Digitalisierung sollte aber nicht einfach nur Papier ersetzen. Zwar geht es hier auch immer um Geschäftsbereiche und deren Prozesse, jedoch muss das Verständnis wesentlich weiterreichen, als diese einfach auf die neuen digitalen Technologien anzupassen. Vielmehr muss die Chance genutzt werden, um die etablierten Arbeitsweisen vor dem Hintergrund technischer Möglichkeiten zu hinterfragen und an sinnvollen Stellen auch neu zu gestalten. Nur so werden die wirklichen Potenziale genutzt – insbesondere im Hinblick auf das eigene Leistungsangebot – und es findet tatsächlich eine »Digitale Revolution« statt.

»Erfolgreiche Unternehmen investieren im Schnitt mehr
als fünf Prozent ihrer Betriebsausgaben in digitale Projekte.«

Aus einer Studie der Unternehmensberatung Bosten Consulting Group (BCG)
zum digitalen Wandel in Asien, Europa und Nordamerika

An Start-Ups wie den oft beachteten FinTechs lässt sich gut erkennen, welche Vorteile eine digitale Ausrichtung mit sich bringen kann. Frei von etablierten Prozessen und Abhängigkeiten wird das Geschäftsmodell mitsamt den zugehörigen Prozessen definiert. Ebenso frei ist das Start-Up in der Gestaltung seiner Systemlandschaft und damit der Auswahl aktueller Technologien. Im Ergebnis realisieren Start-Ups auf diesem Weg Funktionalitäten und Angebote, die ein im Markt etabliertes Unternehmen kaum in vergleichbarer Zeit schaffen kann. Durch Digitalisierung werden hier greifbare Wettbewerbsvorteile geschaffen. Diese Vorteile auch in gewachsenen Strukturen zu erarbeiten und umzusetzen, ist die große Herausforderung für etablierte Anbieter auch im Telekommunikationsmarkt. Auf den Prüfstand müssen dabei das eigene Geschäftsmodell und die zugehörigen Arbeitsabläufe genauso wie die Interaktion mit den eigenen Endkunden. Da gilt es beispielsweise zu überlegen, ob bestimmte Prozesse nicht mit Hilfe einer neuen Technologie vereinfacht werden können. Vielleicht wird auch der eine oder andere Prozess überhaupt nicht mehr benötigt oder muss vielmehr aufgrund gegebener Marktanforderungen mit veränderten Abläufen neu aufgesetzt werden. Stets geht es jedoch darum, ein Problem zu lösen oder einen neuen Ansatz für die Kunden bereitzustellen. Solche Überlegungen sind typische Auslöser für eine erfolgreiche digitale Transformation im Unternehmen.

Nicht zu vergessen sind dabei auch interne organisatorische Prozesse im Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. Schlagwort an dieser Stelle ist heute »Digital Workplace«, wo früher noch von »Intranet« die Rede war. Realisiert werden in einem Digital Workplace neben bereits länger bekannten Informationsportalen auch interne Tools zur Unterstützung meist individueller Prozesse wie der Beantragung von Urlaub oder einer anstehenden Geschäftsreise, bis hin zu sozialen Kollaborationsplattformen.

Ohne als erstes die interne Organisation oder gar das Geschäftsmodell auf den Kopf zu stellen, können Interaktionen mit den Kundenund zugehörige Prozesse digitalisiert werden. Dies beginnt bei bekannten Dingen wie einer Online-Auftragserfassung und geht weiter zu Self-Service-Komponenten im Web-Portal oder mobilen Anwendungen. Dabei ersetzt das zugehörige Frontend heute oft das sonst benötigte Auftrags- oder Änderungsformular. Im Sinne der Digitalisierung ist allerdings die Durchgängigkeit des Prozesses zu betrachten, so dass über diese Kanäle übergebene Aufträge auch soweit möglich automatisiert bearbeitet werden. Nur so lassen sich künftig Produkte und Leistungen anbieten, die ansonsten bei manueller Bearbeitung nicht sinnvoll abgebildet werden können. Gemeint sind hiermit zum Beispiel »on demand« Angebote wie eine temporär erhöhte Leistung oder befristet zugeschaltete Extras. Die Art der kleinteiligen Änderungen benötigt eine durchgängig digitalisierte und  automatisierte Bearbeitung, da die Kosten für eine manuelle Bearbeitung der einzelnen Fälle einfach zu hoch wären. Durch die Digitalisierung eröffnen sich somit Potenziale für das eigene Leistungsangebot. Um diese erkennen zu können, lohnt es sich einmal die Blickrichtung zu wechseln und auch mal wie ein Start-Up zu denken. Dabei ist keinesfalls der Ansatz, die bestehende Systemlandschaft vollkommen auf den Kopf zu stellen. Zwar muss auch diese auf den Prüfstand, aber vor allem um zu identifizie ren, welche Teilsysteme in dem weiter fortschreitend digitalisierten Prozess einzubinden sind. Es wird dann eine Plattform benötigt, über die die verschiedenen Systeme integriert und fehlende Bausteine implementiert werden. Klares Ziel: Eine Landschaft aus Systemen und Prozessen zu schaffen, die wie einzelne Puzzle-Steine zusammen das Gesamtbild ergeben.

FAZIT
Die Digitalisierung soll Unternehmensprozesse verschnellern und so einen Wettbewerbsvorsprung sichern. Breitbandanbieter schaffen bei ihren Kunden auf Basis der zur Verfügung gestellten Infrastruktur die Grundlagen zur digitalen Transformation. Sie selbst wiederum dürfen aber den internen Blick auf das eigene Unternehmen im gleichen Kontext nicht vernachlässigen. Denn durch die Digitalisierung eröffnen sich Potenziale für das eigene Leistungsangebot. Um diese erkennen zu können, lohnt es sich die Blickrichtung zu wechseln und auch mal wie ein Start-Up zu denken.